Wie gefährdet Desinformation die Demokratie?

von weitklick-Redaktion | 10.01.2024

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Eine schwarze Person wirft ein Blatt Papier in eine Wahlurne.
© Mikhail Nilov | pexels

Zahlreiche Studien haben gezeigt, dass Menschen bei ihren Wahlentscheidungen von politischer Desinformation beeinflusst werden können. So gibt es empirische Belege, dass das Ergebnis des britischen Referendums, die Europäische Union zu verlassen, zum Teil auf den Einfluss von Verschwörungserzählungen zurückzuführen ist (Swami, Barron, Weis & Furnham, 2018). Auch bei der Präsidentschaftswahl in den USA 2016 trugen gegen Hilary Clinton gerichtete Desinformationen nachweislich dazu bei, dass ehemalige Obama-Wähler*innen zu Donald Trump übergingen oder nicht mehr wählten (Gunther, Beck & Nisbet, 2019).  

Die Deutschen wissen um die Folgen von Desinformation und befürchten, dass sie sich negativ auf die Gesellschaft auswirken. Eine Studie der Konrad-Adenauer-Stiftung zeigt: Rund 64 Prozent der deutschen Bevölkerung hat große oder sehr große Angst vor Falschnachrichten. Eine große Rolle spielen dabei digitale Medien. Laut einer Bertelsmann-Studie denken 30 Prozent der Bürger*innen in Deutschland, dass Soziale Medien negative Auswirkungen auf die Demokratie haben, für 28 Prozent überwiegen die positiven Effekte und 42 Prozent sind in dieser Frage unentschieden.  

Warum ist politische Desinformation in Sozialen Netzwerken erfolgreich? 

Diese Skepsis ist nicht unbegründet. Wie eine Studie der Yale University zeigt, erhalten Inhalte, die Empörung auslösen, besonders viel Aufmerksamkeit in Sozialen Medien. Polarisierende Headlines, stark vereinfachte Aussagen und aggressive Rhetorik, die Angst und Wut schüren, generieren viele Klicks und landen dadurch besonders häufig im Newsfeed der Nutzer*innen. So verbreiten sich populistisch aufbereitete Nachrichten sehr schnell.  

Die AfD zum Beispiel nutzt dies bewusst, um extremistische und populistische Ansichten zu verbreiten. Von allen Parteien, die im Bundestag vertreten sind, hat sie auf den Social-Media-Plattformen TikTok, YouTube und Facebook die höchsten Gesamtfollowerzahlen – rund 2,6 Millionen, wenn die Accounts der Landesverbände und Spitzenpolitiker*innen mit einbezogen werden. Besonders auf Accounts von bekannten AfD-Politiker*innen wie Björn Höcke und Alice Weidel ist die Interaktion überdurchschnittlich hoch.  

Umso gefährlicher ist es, dass AfD-Politiker*innen Desinformation und Verschwörungserzählungen auch immer wieder dafür nutzen, ihre Narrative zu untermauern. So veröffentlichte der AfD-Bundestagsabgeordnete Stephan Brandner nach einem Messerangriff eines Mannes aus Somalia in Würzburg im Jahr 2021 zum Beispiel ein Video mit einem sehr reißerischen Titel. In seinem Post zu diesem Video behauptet er unter anderem, dass die Tagesschau das Motiv für die Tat verschleiere. Dabei hatte die Tagesschau mehrfach über das Ereignis berichtet und auch die Frage nach dem Motiv intensiv behandelt. 

Hass und Desinformation als Wahlkampfstrategie 

Neben der gezielten Verbreitung von Falschnachrichten kann politische Desinformation auch in der „Überflutung“ der öffentlichen Meinung mit falschen oder irreführenden Informationen bestehen. „Flood the zone with shit“ nannte der zeitweilige Donald Trump-Berater Steve Bannon diese Strategie. Die Bevölkerung soll schlichtweg „überfordert“ werden, sodass sie sich die Frage stellt, welche Informationen überhaupt noch glaubwürdig sind, und auch verdrehte Fakten und hetzerische Nachrichten im Gedächtnis bleiben.  

Auch Hate Speech ist ein Mittel im Wahlkampf, um Stimmen aus dem öffentlichen Diskurs zu vertreiben oder öffentlich gegen Politiker*innen zu hetzen, um ihr Image zu verschlechtern. Ein Report der gemeinnützigen Organisation HateAid legt dar, dass die Spitzenkandidat*innen der Bundestagswahl 2021 massiv von digitaler Gewalt betroffen waren, besonders in der Woche vor der Wahl. Dabei mischen sich Desinformation und Hate Speech häufig und sie verstärken sich gegenseitig. 

Mangelndes Vertrauen in Medien als Informationsquelle 

Besonders problematisch ist zudem, dass das Vertrauen in die Medienberichterstattung immer weiter abnimmt. In Deutschland hat, laut Bertelsmann-Studie, eine Mehrheit nur ein mittleres Vertrauen in Informationen aus Tageszeitungen, Fernsehen und Radio. Dies ist angesichts der in diesem Jahr anstehenden Wahlen in Sachsen, Brandenburg und Thüringen besorgniserregend. 

Im gesamteuropäischen Vergleich ist das Vertrauen der Menschen in Medien als Informationsquellen noch geringer. Die Bertelsmann-Studie zeigt: Eine knappe Mehrheit der Europäer*innen schätzt Informationen aus Tageszeitungen, Fernsehen und Radio als nicht vertrauenswürdig ein. Das Vertrauen der Europäer*innen in die Sozialen Medien ist laut der Studie etwas höher, aber auch hier stufen rund 48 Prozent die dort verbreiteten Informationen als nur gering vertrauenswürdig ein. Mit Blick auf die im Juni 2024 anstehende Europawahl sind diese Zahlen alarmierend. 

Was tun? 

Für die politische Meinungsbildung und Wahlentscheidung sind seriöse und faktisch richtige Informationen essenziell. Desinformationskampagnen stören diesen demokratischen Prozess der Meinungsbildung. Wenn zusätzlich ein großer Teil der Wahlberechtigten mangelndes Vertrauen in etablierte journalistische Institutionen hat, muss früh gegengesteuert werden. Die Stärkung der Medienkompetenz von Schüler*innen ist dabei eine wichtige Maßnahme.   

Angebote von weitklick 

weitklick setzt hier an und bietet ein vielfältiges Bildungsprogramm für Lehrende. Wenn Sie sich als Lehrer*in  näher mit dem Thema Desinformation beschäftigen möchten, um es beispielsweise mit Ihren Schüler*innen im Politikunterricht zu besprechen, helfen Ihnen die folgenden Online-Kurse von weitklick weiter:  

Außerdem erklärt der Bildungs- und Wissenschaftsjournalist Armin Himmelrath in folgendem Video, wie gutes und richtiges journalistisches Arbeiten aussieht: 

Video „Mit Fakten gegen Fakes: Journalistisches Arbeiten mit Armin Himmelrath“ 

 

Quellen 

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